Strümpfe für das Museum
Ein Schatzfund bietet Chancen auf neue Erkenntnisse zu einem bisher fast vergessenen Sektor der westfälischen Textilindustrie
2018 verstarb überraschend der Reutlinger Ethnologe Michael Schödel, der zusammen mit Teilen der deutschen Textilindustrie ein Strumpfmuseum erreichten wollte. Zusammengetragen hatten die Beteiligten eine einmalige Sammlung mit 25.000 Objekten. Dazu zählen neben feiner und grober Maschenware, Feinstrümpfen und Socken auch Firmenakten, Fotos, Filme, Werbematerialien, Entwürfe oder auch Musterkoffer.
Strumpfkönig aus Westfalen
Gesammelt wurden Objekte zu den Unternehmen Kunert, Hudson, Ergee, Bellinda, Arwa, Bi oder Silkona. Doch mehr noch: Die Sammlung, die dem Textil- und Industriemuseum Augsburg übergeben wurde, enthält einiges zum westfälischen Strumpfimperium „Schulte & Dieckhoff“ (S&D) aus Horstmar, das mit seiner Marke „nur die“ Geschichte geschrieben hat. In den 1960er Jahren galt es als weltgrößter Feinstrumpfproduzent. Der Eigentümer Fritz-Karl Schulte wurde als „Strumpfkönig“ gefeiert.
In Zusammenarbeit mit bayerischen Kollegen und Kolleginnen sollen nun in den LWL-Museen für Industriekultur die Grundlage für Forschungen zu „S&D“ geschaffen werden, denn die wissenschaftliche Aufarbeitung des Unternehmens, das vor 60 Jahren in Westfalen mehr als 15.000 meist weibliche Arbeiterinnen beschäftigte, steht noch aus. Es stellen sich Fragen unter anderem zu Aufstieg und Fall, zu Mode und Konsum, zu Werbung und Marketing, zu staatlichen Intervention, zu innerdeutscher Zusammenarbeit und Globalisierung. Beiträge zur einem bisher kaum untersuchten Feld der Wirtschafts- und Sozialgeschichte Westfalens sind zu erwarten.